Dem ca. 150 km von Shanghai entfernten Hangzhou habe ich an einem Wochenende im März 2010 (wie die Zeit vergeht) einen Besuch abgestattet. Ich war mit geringen Erwartungen und nur wenigen Bildern von Hangzhou im Kopf angereist und habe mich sofort in die idyllische Szenerie rund um den Westsee verliebt. Ein riesiger See, saftig grüne Hügel, zahlreiche Pagoden und frische Luft - ein Kontrastprogramm zum meist lauten, versmoggden Shanghai. Ein weiterer toller Ausflugstipp von Shanghai ist in die Wasserstadt Xitang, schau gerne mal in meinem Artikel hierzu vorbei.
Mit dem Schnellzug dauerte die Fahrt von Shanghai nach Hangzhou etwa 75 Minuten. Mit Händen und Füßen und den Worten "Dao Hangzhou" (nach Hangzhou) hatte ich mir bereits einige Tage im Voraus ein Zugticket beim Ticketservice an der Metrostation Nanjing Rd. West in Shanghai, ca. 100 m vom Metro-Aufgang in der Taixing Rd. 218, gekauft. Da ich meinen ersten Zug aufgrund von Verspätungen der U-Bahn (einfach 20 Minuten im Tunnel stehen) und nicht ausreichend Zeitpuffer meinerseits verpasst hatte, war ich froh in der Hauptstadt der Provinz Zhejiang, welche "nur" 8 Millionen Einwohner zählt, angekommen zu sein. Für mein ursprüngliches Zugticket hätte ich einen Sitzplatz gehabt. So kurzfristig ein neues Ticket zu bekommen, bedeutete allerdings einen Stehplatz. Die reiseerfahrenen Chinesen und Chinesinnen waren meist mit einem kleinen Klapphocker ausgestattet, sodass sie ja irgendwie doch einen Sitzplatz hatten. Mehrfach wurde mir auch angeboten, ob ich mich nicht auf einen der Hocker setzen möchte. Ein Europäer stehend/hockend im Zug kam ihnen dann wohl doch ein wenig komisch vor.
Welche Ort ich euch besonders in Hangzhou empfehle, verrate ich euch jetzt:
Die Leifeng-Pagode (Leifeng Ta, Eintritt April 2010: 40 Y) liegt am südlichen Ende des Su-Damms. Der Vorplatz ist mit einem wunderschön verzierten Steinboden versehen. Um die Aussicht von dem knapp 70 m hohen Turm auf den Westsee und seine umgebenden Berge sowie Stadtkulisse zu genießen, müssen einige Stufen erklommen werden, wobei ebenso ein Lift zur Verfügung steht. In der Pagode selber gibt es die Möglichkeit auf verschiedenen Ebenen eine Verschnaufspause einzulegen und sich u. a. sehr filigrane Holzschnitzereien anzusehen. Ganz oben angekommen kann man dann die Aussicht auf die grünen Hügel und den Westsee in vollen Zügen genießen.
Feilai Feng – zu deutsch „Herbeigeflogener Gipfel“ – ist die Bezeichnung für eine riesige Felswand auf der sich unzählige Buddha-Statuen und insgesamt über 300 Figuren sammeln. Wenn man nicht weiß, welche Figuren beim Berühren Glück bringen sollen, ist es lediglich notwendig darauf zu achten, welche Figuren bzw. welche ihrer Stellen durch das ständige Anfassen bereits glänzend poliert sind.
Anonsten ist es ein Spaß, die vielen Leute dabei zu beobachten, wie sie Geld an bestimmte Stellen im Kloster werfen, weil es Glück bringen soll. Es ist aber ebenso spaßig es auch einfach zu probieren. Ansonsten ist es sehr entspannend in der Klosteranlage herumzulaufen, mit etwas Glck sieht man praktizierende Mönche bei einer Zeremonie oder lässt einfach die Stille auf sich wirken.
Um zu dieser Felswand und dem Lingyin-Kloster – ein wohlhabendes buddhistisches Kloster – zu kommen, bin ich mit dem Bus K7, welcher u. a. nördlich vom Su-Damm hält, gefahren. Die Hinfahrt war, trotz dem Fakt, dass ich nicht wusste an welcher Haltestelle ich aussteigen müsste und lediglich chinesischer Haltestellenangaben im Bus, sehr unkompliziert – einfach dann aussteigen, wenn die anderen Massen dies auch tun und das auf einem großen Parkplatz auf welchem sich noch zahlreiche andere Busse tummeln. Auch danach empfiehlt es sich einfach den Menschentrauben, welche sich glücklicherweise auf dem großen Tempelgelände entzerren, zum Eingang zu folgen. Das Ticket für den Bus hat man direkt bei einer Dame bezahlt, welche durch den Bus lief. Auf dem Rückweg können die Busse sehr voll werden. Es hat mich selbst zahlreiche passierende Busse und Mut gekostet, mich in einen bis zum Rand vollgestopften Bus zu quetschen, der mit offenen Türen losfährt, um noch weitere Leute am Einsteigen zu hindern. Auf jeden Fall ein Erlebnis wert, insbesondere weil ich auch auf dem Rückweg nicht genau wusste, wo ich aussteigen muss. Über 8 Jahre nach dieser Reise kann ich darüber ein wenig schmunzeln. Zu Zeiten von google maps, maps.me und Co ist es viel einfacher sich auch in Städten zu orientieren, in denen kein englisch gesprochen wird und es keine Anzeigen auf Englisch gibt. Die Erfahrung selber möchte ich aber trotzdem nicht missen.
Die idyllische Szenerie am Westsee entspricht wahrscheinlich dem Wunschbild vieler EuropäerInnen, das sie von China haben. Der Legende nach fiel während des Streits zwischen einem Phönix und einem Drachen eine Perle auf die Erde und kreierte dadurch den Westsee – eine schöne Vorstellung die man beim Anblick dieses Sees auch gerne glaubt.
Der Westsee ist von zahlreichen Parks, die im April in ihrer Anfangsblüte standen sowie Pagoden, Pavillons und Tempeln umgeben. Am ersten Tag bin ich zu Fuß einmal um den Westsee spaziert, wobei ich mit dem fast 3 km langen Su-Damm (benannt nach dem Dichter Su Dongpo), einem Holzsteg der einmal über den See führt, eine kleine Abkürzung genommen habe. Für eine einfache Stärkung ist an den vielen Ständen auf dem Steg stets gesorgt – die Maiskolben schmecken beim Ausblick auf den See noch viel besser. Am nördlichen Ende des Sees gibt es tagsüber und nachts kostenlose nicht zu verachtende Wasserspiele mit klassischer Musik untermalt am Ufer, zu denen sich viele BesucherInnen gesellen.
Zu meinem Besuch waren die Parks durch die Kirschblüte bereits in zartes rosa gehüllt. Am südlichen Ende des Su-Damms befindet sich ein Park mit einem großen Goldfischteich und einem Aussichtspunkt mit der Bezeichnung "viewing fish at lower pond". Man kann dort einfach wie alle um einen herum die Seele baumeln lassen und am See entlang von einem Park in den nächsten flanieren.
Überall an den Promenaden des Westsees waren bis zu den Abendstunden Menschen zu sehen, die alleine, aber meist in einer Gruppe, gemeinsam sangen, tanzten oder anderen sportlichen Betätigungen nachgingen. Letztere zeugten meist von enormer Synchronität der einstudierten, anmutigen Bewegungsabläufe. Einige Male habe ich mir diese im Vergleich für Deutschland doch (noch) unübliche Form der Aneignung öffentlicher Plätze in Hangzhou angesehen – immer auch begeistert, mit welcher Konzentration, Freude und Leidenschaft die Menschen ihre Aktivitäten ausgeführt haben.
Bis in die späten Abendstunden kann man auf den verschiedenen Stegen am Westsee entlang spazieren, bestaunen, wie sich die Sonne zunehmend auf der Wasseroberfläche dunkelgelb spiegelt und die umgebenden Berge zunehmend in Silhouetten verwandelt. Ruhige Ecken zum Verweilen gibt es an der gesamten Uferpromenade. Alleine ist man aber meist auch nicht sehr lange, da sich bei gutem Wetter ebenso die vielen anderen Gäste diesen Anblick nicht entgehen lassen möchten. Dies hat aber zugleich den Vorteil, dass sich nie ein Gefühl der Unsicherheit einstellte – auch nicht wenn man wie ich alleine in der Nacht unterwegs war.
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Hangzhou habe ich auch nach über 10 Jahren wärmsten in Erinnerung. Es ist ein wunderschöner Ort, um zu wandern, die Natur zu genießen und ein wenig Abstand vom Großstadtgewusel zu nehmen. Und wenn es einem als blonder Europäerin nicht mehr ganz so viel ausmacht, dass einem ständig Personen hinterher rennen und Fotos mit einem machen möchten oder warum auch immer sich ein Autogramm von einem wünschen, dann ist Hangzhou wirklich ein Traumort Chinas für mich.
Mit diesem Artikel nehme ich Teil an der Blogparade von Michelle von "The road most traveled" zum Thema "Faszination Asien". Schaut dort doch einfach vorbei und holt euch noch ein wenig mehr Inspiration.