Was kann man alles in 9 Stunden in Amsterdam entdecken? 9 Stunden? Ich weiß, Amsterdam sollte man sicherlich mindestens ein ganzes Wochenende widmen und in Fülle genießen. Wir hatten im Sommer 2018 aufgrund eines Festivals in Biddinghuizen allerdings ein anderes Ziel in den Niederlanden. Da wir aber mit dem Zug ohnehin in Amsterdam halten mussten, nutzten wir diese Gelegenheit, um es wenigstens für ein paar Stunden lang zu erkunden.
Die erste Frage die nach der Ankunft am Hauptbahnhof in Amsterdam zu klären war, war: Wie wollen wir uns in Amsterdam fortbewegen?
Mit der Straßenbahn? Geht sicherlich schneller, aber es entgehen einem auch zahlreiche kleine Details, die eine Stadt oft so besonders machen.
Tipp für Tramfahrten: Tramtickets z. B. eine 24-Stunden-Karte könnt ihr zum Beispiel am Stationsplein Central Station direkt gegenüber vom Hauptbahnhof kaufen. Eine Tageskarte kostet 7,50 €, eine Fahrt für eine Stunde 2,90 € (Stand: 2018). Eine Empfehlung ist die Fahrt mit der Straßenbahn 2, welche an bedeutenden Sehenswürdigkeiten und Plätzen (z. B. Museumsplein u. a. mit dem Van Gogh Museum, Leidesplein mit gemütlichen Cafes, der Palast auf dem Dam, Blumenmarkt etc.) vorbeifährt – eine Sightseeingtour zum Normaltarif. Wir selbst sind nicht mit dieser Tram gefahren, ich habe meine Eltern aber diesen Tipp gegeben und sie fanden die Fahrt super. Und selbst National Geographic hat diese Tramroute schon zu einer der schönsten der Welt ernannt. Wenn das nicht dazu einlädt, sich zurückzulehnen und die Aussicht zu genießen.
Wenn Amsterdam etwas ist, dann wohl eine fahrradfreundliche und wenn nicht sogar fahrradverrückte Stadt. In einer Stadt in der am Bahnhof doppelstöckige Fahrradgaragen stehen und die Fahrradwege so breit sind wie die Autostraßen, bietet es sich sicherlich an, die Erkundung auf dem Fahrrad zu wählen. Wir haben uns dennoch dagegen entschieden, da wir die Stadt nicht im Ansatz kannten und somit – wenn wir ein bestimmtes Ziel angesteuert hätten – ständig aufs Handy oder in eine Karte hätten schauen müssen. Und da die Fahrradfahrer*innen in Amsterdam nicht gerade zimperlich sind, ist die volle Aufmerksamkeit auf die Straße durchaus wichtig. Oder wie unser Guide bei der späteren walking tour sagte: "When you hear the bell run like hell."
Wir haben uns also letztendlich auf eine Stadterkundung zu Fuß entschieden, was wir bei der Größe der Innenstadt auch nicht bereut haben.
Direkt nach dem Ankommen am Hauptbahnhof ging es für uns erst einmal zu den drei bekanntesteten Grachten Amsterdams: der Herengracht, Prinsengracht und der Keizersgracht. Nach nur wenigen Gehminuten erreichten wir die erste kleine Brücke, die eine Gracht überspannte. Hier können wir einfach nur empfehlen am Wasser entlang zu spazieren und die wunderschöne traditionelle und im wahrsten Sinne des Wortes schräge Architektur zu genießen. Aufgrund des weichen Untergrundes in Amsterdam sind hier nämlich zahlreiche Häuser leicht schräg.
Wir sind immer mal wieder in die kleinen Seitenstraßen abgebogen, um von einer Gracht zur nächsten zu wechseln – am Anfang steht man eher in liebevoll gestaltetem Straßen, in denen es kaum Geschäfte gibt und lediglich Anwohner*innen leben. Umso mehr man aber an den Grachten entlang läuft, umso häufiger tauchen viele kleine individuelle Läden vieler verschiedener Branchen umrahmt vom alten Kopfsteinpflaster der Straßen auf.
Vor unserem Besuch haben wir öfter die Empfehlung gelesen, dass man unbedingt, die De Negen Straatjes besuchen soll. Dies ist eine alte Straße, die die Kanäle zwischen der Leidsegracht und der Raadhuisstraat verbindet. Wir sind auch ganz bewusst dort entlang gelaufen. Ich muss allerdings sagen, dass ich die vorherigen Straßen ebenso ansprechend fand und keinen direkten Unterschied gemerkt habe, wenn man nun auf der De Negen Straatjes entlangspaziert. Auch in den Straßen davor gab es zahlreiche kleine individuelle Botiquen die sich von den großen Geschäften auf der Kalverstraat absetzten. Das ist kein Plädoyer gegen die De Negen Straatjes, sondern eher eine Empfehlungmöglichst viele Seitenstraßen an den Kanälen zu erkunden.
Unser Fazit: Lasst euch einfach an den Grachten entlang treiben. Falls es euch an einigen Stellen zu voll an Touristen wird, einfach die nächste Seitenstraße wählen und das Bild kann sich komplett ändern. Wenn man die Grachten und die umliegenden Häuser eher vom Wasser aus betrachten möchte, bietet sich in Amsterdam natürlich eine Grachtenfahrt in einem überdachten oder offenen Boot an. Direkt am Hauptbahnhof starten einige Fahrten.
Wenn man an der Prinsengracht weiter entlang läuft, kommt man bereits in das Jordaan-Viertel, welches auch von authentischen Wohnhäusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert und engen Straßen mit kleinen Läden und Bars gesäumt wird. Hier kommt man unter anderem am Anne Frank Haus vorbei. Genau die Anne Frank die sich im 2. Weltkrieg in einem Haus am Amsterdamer Kanal versteckte und die ihre Gedanken und Erlebnisse währenddessen in einem Tagebuch niederschrieb. Wir haben bei unserem kurzen Besuch kein Museum besucht, da wir nicht eine Stunde oberflächlich durch eine Ausstellung hetzen wollten. Wenn ihr z. B. das Anne Frank Haus besuchen wollt, müsst ihr euch davor Karten online für ein bestimmtes Zeitfenster bestellen. 80 % der Karten sind ab zwei Monate vor dem Besuch erhältlich, der Rest am Tag selber, aber auch hier nur online.
In unmittelbarer Nähe zum Anne Frank Haus befindet sich die über 400 Jahre alte protestantische Kirche Westerkerk. Hier ist u. a. Rembrandt begraben. Wenn man die Kirche besichtigen will, sollte man die Öffnungszeiten beachten, die je nach Monat variieren können.
Der eigentliche Grund aber, warum wir die Westerkerk aufgesucht haben, ist die Aussicht, die sich vom 85 m hohen Kirchturm über Amsterdam bietet. Um diese zu genießen, ist aber auch einiges an Arbeit notwendig.
Auf den Kirchturm kommt man nur im Rahmen einer 30-minütigen Führung (Kosten: 7€), an welcher nur 6 Personen gleichzeitig teilnehmen können. Eine solche Führung kann man nicht online buchen, sondern nur vor Ort. Man kann beispielsweise um 10:00 bei der Kirche vorbeigehen und sich am selben Tag eine Führung für 17:00 oder einen anderen freien Zeitraum reservieren. So haben wir es jedenfalls gemacht und haben den Kirchturm nach der Reservierung der Tour auf unserem Rückweg zum Bahnhof bestiegen. Bei gutem Wetter und am Abend sollte man nicht ohne Reservierung zur Kirche gehen, da die Führungen auch schnell ausgebucht sind.
Das Erklimmen des Kirchturms selbst war schon ein kleines Abenteuer für sich. Die Treppen sind zum Teil sehr steil und die Wege eng (daher werden Rucksäcke auch vorher abgegeben und eingeschlossen). Zwischendrin macht man bei der Führung einen kurzen Stopp und es werden Fakten zur Kirche, den Glocken und in der Kirche befindlichen historischen Graffiti erklärt. Nach zahlreichen Stufen offenbart sich dann ein wunderschöner Blick über Amsterdam und seine Kanäle.
Danach sind wir zum Begijnhof gegangen – dies ist ein kleines ummauertes Areal mit einer Kirche, historischen Häusern und einem der zwei in Amsterdam noch befindlichen Holzhäusern, dem Houten Huys aus dem Jahr 1528. In diesem mittelalterlichen Beginenhof haben früher Nonnen des katholischen Ordens gelebt. An sich ist dies ein sehr idyllischer Platz, da es aber durchaus kein Geheimtipp mehr unter Touristen ist, kann es auch hier zu bestimmten Zeiten etwas überfüllt sein.
Der Hof ist von 9:00 bis 17:00 geöffnet und kostet keinen Eintritt. Ein Teil der Wege ist nur für die Anwohner*innen dort zugänglich und auch beim Fotografieren der Privathäuser sollte man respektvoll sein.
Der Begijnhof ist nur durch zwei Eingänge zugänglich. Wir sind über ein Tor auf der Gedempte Begijnensloot hineingegangen und auf dem Spuiplein wieder herausgegangen. Dort steht eine Reihe weißer Häuser und zwischen den Häusern befindet sich ein Backsteingebäude mit einem Tor. Über dieses Tor gelangt man zum Begijnhof.
Nach diesem ersten Stadtspaziergang haben wir uns erst einmal etwas zu Essen gegönnt. Dafür haben wir uns spontan für das "Dutch Delicacy - De Mannen Van Kaas" entschieden. Es liegt in unmittelbarer Nähe zum Begijnhof und das das Schaufenster mit seinen frisch gebackenen Broten sah einfach zu lecker aus.
Im Laden selber gibt es außerdem überall noch die Möglichkeit unterschiedlichsten Käse (in gelben, roten, grünen und blauen Farbtönen) zu probieren - das ist eine super Sache, macht die Entscheidung aber auch nicht wirklich einfacher, weil der Käse so unglaublich lecker schmeckt.
Am Nachmittag haben wir bei Free Walking Tours Amsterdam an einem Stadtspaziergang teilgenommen. Hierfür ist es wichtig, sich vorab online anzumelden und pünktlich zur walking tour zu erscheinen, da strickt darauf geachtet wird, dass max. 20 Personen an der Tour teilnehmen.
Otto, unser Guide, war sehr lustig und hat uns an bekannte und weniger bekannte Orte geführt und stets interessante aber auch kurzweilige Informationen für uns parat gehabt. So sind wir zum ältesten Gebäude und in das Chinatown-Viertel Amsterdams gegangen, wir haben erfahren, warum so viele Häuser an den Kanälen so schräg sind, was es mit den zahlreichen Seilzügen an den Dächern auf sich hat und warum so viele Fahrräder jedes Jahr in den Kanälen landen usw.
Und wenn du die Augen offen hälst, siehst du in der Innenstadt auch einige kleine Street Art-Kunstwerke.
Wir haben durch die walking tour keinerlei Plätze doppelt besucht, die wir zuvor bei unseren Erkundungen gesehen haben, sodass wir in den neun Stunden Aufenthalt viele verschiedene Orte sehen konnten. Die grobe Route der walking tour seht ihr gleich unten. Mehr verrate ich aber nicht dazu, da es doch am besten ist selber eine free walking tour auszuprobieren. Die Fotos hier machen aber vielleicht schon einmal Lust auf mehr :-)
Sicherlich gab es auch noch Plätze, die wir gerne noch gesehen hätten (z. B. den Museumsplein mit dem I Amsterdam-Zeichen oder den Blumenmarkt), aber die neun Stunden haben wir - denke ich - auch so effektiv genutzt.
Hauptbahnhof Amsterdam - Herrengracht, Kasiergracht, Prinzengracht - Anne Frank Haus – Westerkerk - De 9 Straatjes - Begijnhof - Dam (ca. 3,8 km)
Route der free walking tour:
Dam - Oude Kerk - Rotlichtviertel - Chinesisches Viertel – Nieuwmarkt - Univeristät von Amsterdam – Spui (ges. ca. 2.2 km)
Wenn du nach einer Unterkunft in Amsterdam suchst, schau einfach bei Booking.com* vorbei. Hier gibt es zahlreiche Angebote zu unterschiedlichen Preisen.
Viel Spaß beim Erkunden von Amsterdam! Und teilt uns gerne im Kommentarfeld mit, welche Dinge ihr bei einem Kurzaufenthalt in Amsterdam nicht verpassen wollen würdet.