Was haben ein ermordetes Eichhörnchen, ein Miniatur-Panzer und ein Taucher gemeinsam? Sie sind alle Mini-Skulpturen des Künstlers Mihály Kolodko in Budapest. In diesem Artikel zeigen wir dir, dass man in Budapest nicht nur riesige Wandbilder (siehe Artikel zu Street Art in Budapest), sondern bei genauem Hinsehen zahlreiche Miniaturskulpturen mit einer größeren Botschaft entdecken kann. Wenn du Street Art magst, dann wirst du diese Guerrilla Mini-Skulpturen in Budapest lieben.
Mihály Kolodko wurde 1978 in der transkarpatischen Stadt Uschhorod (Ukraine) geboren und lebt nun mit seiner Familie in Ungarn. Er ist ein an der Lviv Acadamey of Arts ausgebildeter Künstler und hat durch seine Mini-Skulpturen in Budapest einige Bekanntheit erreicht. Mittlerweile wird er sogar für Auftragsarbeiten in anderen europäischen Städten bewusst angefragt, weil sein Stil und die Botschaften hinter seinen Figuren so gut ankommen.
Während ich diesen Artikel schreibe, entstehen wahrscheinlich irgendwo in Budapest oder in einer anderen Stadt weitere seiner humorvollen Mini-Statuen. Wenn du welche von ihnen entdeckst, sag uns in den Kommentaren hier auf dem Blog oder auf unserem Instagram-Kanal Bescheid.
Mihály Kolodko erinnert mit seinen Mini-Statuen in Budapest auf lustige und spielerische Weise an Comicfiguren, berühmte Menschen und Künstler*innen überwiegend aus Ungarn. Wenn wir seine kleinen Kunstwerke betrachten, fällt uns zunächst das offensichtliche ins Auge – ein Frosch der Aussieht wie Kermit der Frosch, ein kleiner Panzer oder Miniaturastronaut. Hinter den meisten Mini-Skulpturen aber steht eine eigene Geschichte. Mit ein bisschen Hintergrundwissen zur Politik und Geschichte Ungarns oder dem Ort an dem die Statue aufgestellt wurde, erkennst du oft die tiefere Bedeutung der Figuren.
Diese Kombination aus Witz und teils ernsthafter Botschaft verleiht seinen Werken einen besonderen Charme.
In den letzten Jahren war Kolodko sehr aktiv in Budapest und hat einige seiner Skulpturen hier platziert. Wenn wir nicht bewusst nach seinen Skulpturen gesucht hätten, wären wir einige Male einfach an ihnen vorbeigegangen. Dies liegt an ihrer Größe, aber auch daran, dass sich die Bronzeskulpturen mit ihrer schwarz-braun-metallischen Optik gut in ihre Umgebung an Geländern und grauen Hauswänden integrieren und nicht sonderlich auffallen. In diesem Artikel zeigen wir dir 13 der bekannten Mini-Skulpturen von Mihály Kolodko, welche wir in Budapest im Herbst 2021 auf unserem Landgang unserer Flusskreuzfahrt auf der Donau entdeckt haben. Und gemäß unserem Blognamen Little Discoveries zeigen wir dir, dass in den kleinsten Dingen oft die tiefsten Botschaften stecken können.
Leider sind nicht mehr alle seine Skulpturen in Budapest an ihrem ursprünglichen Ort zu finden. So wurde z.B. eine an einen Mast gefesselte Lisa Simpson von ihrem Standort entfernt (oder hat sie sich vielleicht sogar selbst entfesselt?). Auch das kleine Pissoir an einer Mauer gegenüber der Burg Vajdahunyad hängt nicht mehr. Vielleicht wurde es ja doch zu häufig von Passanten genutzt?
Alle hier im Artikel aufgeführten Mini-Skulpturen waren im Herbst 2021 aber problemlos auffindbar. Wir erzählen euch zu den einzelnen Skulpturen nicht nur die Hintergrundgeschichte, sondern zeigen euch in der Karte am Ende dieses Artikels, wo ihr die Skulpturen in Budapest findet. Also kommt mit nach Budapest und verbindet die Suche nach den kleinen Kunstwerken u.a. mit einem Sightseeing-Spaziergang durch Budapest entlang der Donau.
Wer die schöne, von Bäumen gesäumte Falk-Miksa-Straße entlangschlendert, würde nicht erwarten, auf ein ermordetes Eichhörnchen zu stoßen. Sein Leichnam war urpsprünglich mit Kreide umrandet und die kleine Hand umklammert eine Pistole.
Wir wissen nicht genau, was mit dem pelzigen Opfer passiert ist. War es Mord oder Selbstmord? Ist der/die Täter*in noch auf freiem Fuß? Hat das Eichhörnchen mit seiner Waffe auch ein Verbrechen begangen? Zum Glück für das Eichhörnchen wurde es direkt neben Statuen des berühmten Inspector Columbo sowie dessen Hund ermordet. Hoffentlich kann er den ominösen Fall lösen.
Ort: Falk-Miksa-Straße, direkt hinter der Columbo Statue bei der Kieselbach-Galerie, in der Nähe der Laubbäume
Wenn du über den Szabadság-Platz (Freiheitsplatz) in der Nähe des Parlaments schlenderst, könntest du Kermit den Frosch durchaus übersehen. So ging es uns am Anfang jedenfalls. Der beliebte Charakter aus der Muppet-Show, welche von 1976 bis Anfang der 1980er regelmäßig im Fernsehen lief, sitzt an einem Metall-Zaun mit direktem Blick auf das Café auf der Mitte des Platzes.
Die Statue erinnert an die Zeit, als Froschschenkel im späten 19. Jahrhundert zu einer ungarischen Delikatesse gehörten. Aber keine Sorge! Kermit ist sehr beliebt und wird natürlich nicht gegessen. Wir haben sogar gelesen, dass der kleine Frosch in den kalten Wintermonaten gerne einmal mit einem warmen Schal ausgestattet wird.
Ort: Szabadság-Platz 10, Kermit sitzt unten an einem Zaun, sodass er direkt auf das Café in der Mitte des Platzes schauen kann
Als Kolodko mit seiner Familie nach Ungarn gezogen ist, sah er sich besonders gerne traditionelle ungarische Zeichentrickfilme an, um die ungarische Sprache zu lernen. Eine seiner Lieblingsserien war "A Nagy Ho-ho-ho Horgász" ("Der große Ho-Ho-Angler") über einen Fischer und seinen Köder. Es scheint nur passend, dass Kolodkos erste Miniatur-Statue in Budapest die Figur Főkukac aus der Serie darstellt, einen glücklichen kleinen Wurm, der nicht länger ein Köder ist, sondern stattdessen ein viel besseres Leben am Ufer der Donau am Bem Kai 15 führt mit direktem Blick auf das am anderen Ufer liegende Parlament. Eine exakte Kopie dieser Statue steht auch in Uschhorod (Ukraine), der Geburtsstadt Kolodkos
Wenn du ein Angler bist, solltest du vielleicht stehen bleiben und Főkukacs Nase reiben, da dies Glück bringen soll. Es kann ja nicht schaden, oder? Im Winter kümmern sich einige Spaziergänger gerne um den Wurm und ziehen ihm eine wärmende Mütze an.
Ort: Bem rkp. 15, steht auf der Mauer mit Blick auf Parlament auf der anderen Donauseite
Viele von Kolodkos Guerilla-Skulpturen mögen klein sein, haben aber eine umso größere Botschaft, so auch dieser Mini-Panzer, der ebenfalls in der Nähe des Flussufers am Bem Kai steht.
Dieser Panzer symbolisiert die ungarische Revolution von 1956. Während der Panzer dem Parlament zugewandt steht, ist seine Kanone nach unten gerichtet, um das Ende der Revolution zu symbolisieren.
Ort: Bem rkp. 27, der Panzer steht auf der Budaer Seite auf der Mauer mit Blick auf das Parlamentsgebäude, neben dem Denkmal der Kossuth-Brücke
Man muss sich schon auf die Suche nach dieser Mini-Statue am Pester Eingang der Kettenbrücke begeben, um sie zu finden. Der Ballonhund ruht auf einem der schönsten Punkte des Donaupromenadenwegs, dem Belgrád-Ufer zwischen eisernen Zaunpfählen in der Nähe des Restaurants Corso.
Er ist eine Hommage an den skandalumwitterten Künstler Jeff Koons, der für seine Edelstahl-Ballontiere bekannt ist. Zum Glück ist der kleine Kerl nicht aus Gummi, so dass er den Witterungseinflüssen der Stadt trotzen kann und nicht zum Opfer böswilliger Besucher*innen wird. Vor ihm liegt ein relativ großer Knochen, welcher ein wenig erotisiert dargestellt wird.
Ort: Belgrád rkp., am Zaun der Straßenbahn 2 vor den großen Hotels
Wusstest du, dass der beliebte Zauberwürfel (Rubik's Cube) eine ungarische Erfindung ist? Ihm wurde in Budapest sogar ein riesiges Mural (Bild an einer Hauswand) gewidmet (siehe hierzu Artikel Street Art in Budapest).
Es ist daher nicht verwunderlich, dass Kolodko den Zauberwürfel in einer Skulptur verewigt hat. Ich habe zwar noch nie einen Zauberwürfel gelöst (der Weltrekord liegt seit 2018 bei sagenhaften 3,47 Sek.), konnte mich aber umso mehr an der raffinierten Handwerkskunst Kolodkos erfreuen.
Ort: Bem rkp.
Der Würfel befindet sich am Flussufer des Stadtteils Buda, in der Nähe des Batthyány-Platzes. Auf einer schrägen Seitenmauer eines Treppenabgangs blickt der Würfel direkt auf das Parlament auf der gegenüberliegenden Uferseite.
Wenn du das berühmte New York Café in Budapest besuchen möchtest, haben wir einen Tipp für dich. An der Seitenstraße des Cafés (Kreuzung der Dohány-Straße und der Osvát-Straße) findest du auf einer Säule den "Schlüssel" des Cafés in den Händen eines kleinen Tauchers in alter Taucherausrüstung.
Die Legende besagt, dass der Schriftsteller Ferenc Molnár 1894 zur Eröffnung des berühmten Cafés (oder 1927 bei einer Neueröffnung) den Schlüssel für dessen Eingangstür in die Donau geworfen hat. So sollte dafür gesorgt werden, dass das Café immer geöffnet bleibt.
Vielleicht hat Molnárs Ausbruch gewirkt, denn das Café ist heute noch genauso beliebt wie zur Zeit der Jahrhundertwende. Der kleine Taucher brachte also den Schlüssel für eines der schönsten Cafés der Welt wieder zurück aus der Donau.
Ort: Ostvát-Straße 53, auf einer kleinen Säule an der Kreuzung der Dohány-Straße und der Osvát-Straße
Als Nation der Erfinder ist es nicht verwunderlich, dass ein Ungar hinter einer innovativen neuen Technologie steht. Ferenc Pavlics floh nach der Revolution von 1956 in die USA und arbeitete schließlich für die NASA u.a. im Apollo-Programm.
Er war es, der die leichten, aber widerstandsfähigen Räder für den Lunar Rover erfand, der auf dem Mond unterwegs war. Passenderweise steht die Mini-Skulptur des Astronauten in seinem Gefährt in der Hold-Straße (Mond auf Deutsch) auf einem eigenen mondförmigen Poller. Besonders süß finde ich an dieser Skulptur der hochgestreckte Arm des Astronauten. Ich kann mir sehr gut vorstellen, mit welchem Enthusiasmus der Mini-Astronaut in seinem Wagen über den Mond heizt.
Ort: Hold-Straße 12, auf einem runden Poller
In Fortsetzung seines nostalgischen Blicks auf die ungarische Fernsehgeschichte präsentierte Kolodko im November 2018 das kockásfülű nyúl (Kaninchen mit den karierten Ohren) am Ende der Zahnradbahn neben dem Burgpalast (Budapester Burg).
Die in den 1970er Jahren von Veronika Marék geschriebene und von Zsolt Richly animierte Serie erlangte mit Verspätung Popularität in der ganzen Welt, insbesondere in den USA, wo sie nach dem Fall des kommunistischen Regimes auf Nickelodeon ausgestrahlt wurde.
Dieses schlappohrige Häschen überblickt die Stadt aus der Vogelperspektive und betrachtet die Donau durch ihr Fernrohr. In der Fernsehserie löste das Kaninchen immer ein Problem. Es beobachtete diejenigen, die etwas Böses im Schilde führten, drehte seine langen Ohren und flog wie ein Propeller den Menschen zu Hilfe. Jetzt wirft das Kaninchen durch diese Mini-Skulptur wieder einen schützenden Blick auf Budapest.
Ort: Szent György tér, steht am Ende der Zahnradbahn auf einer Mauer
Der Freiheitsplatz (Szabadság-Platz) ist seit langem ein ideologisches Schlachtfeld, auf dem umstrittene Denkmäler aus allen politischen Epochen der ungarischen Geschichte Seite an Seite stehen. 2019 mischte sich Kolodko mit seiner Uschanka-Mini-Statue (russische Wintermütze, welche typischerweise mit herunterklappbaren Ohren-, Stirn- und Nackenklappen versehen ist) in die Auseinandersetzung ein und kritisierte den vermeintlich anhaltenden russischen Einfluss auf die ungarische Politik.
Leider war ein rechtsextremer Politiker davon nicht sehr angetan, zerstörte die Statue mit einer Axt und warf sie in die Donau. Der Bildhauer reagierte darauf mit dieser hämischen Erwiderung, die die Gewalt des Angreifers verhöhnt und zugleich ein Denkmal setzt: eine kleine Bronzeaxt, die auf dem Bronzekissen liegt, wo einst die Uschanka ruhte.
Ort: Szabadság-Platz 15,
Die Statue steht auf der Nordseite des Szabadság-Platzes in der Nähe der Ronald Reagon-Statue direkt am kleinen Zaun.
In diesem Fall könnte die Mini-Statue tatsächlich echte Größe haben, denn sie stellt eine (Gastro-)Ratte dar, eine klare Anspielung auf den berühmten Pixar-Film Ratatouille. Das Werk von Kolodko, das im Spätsommer 2021 in Budapest aufgestellt wurde, scheint nicht nur eine Hommage an die berühmte Filmfigur, sondern auch an Banksy und die ungarische Küche zu sein. Am Budaer Ende der Elisabethbrücke sprüht die Ratte das Wort "Lecsó", den Namen eines traditionellen ungarischen Schmorgerichts, das dem Ratatouille ähnelt, an eine Mauer.
Die niedliche Skulptur erinnert aber auch an die frühen Werke von Banksy. Der geheimnisvolle britische Künstler begann seine Karriere mit der Darstellung von Ratten, ein Symbol für die Natur der Straßenkunst: Sie mag verschwinden, aber sie kommt immer wieder zurück!
Wir hoffen, dass die kleine Ratte noch lange in Budapest bleibt.
Ort: Döbrentei tér, Am Ende der Elisabethbrücke auf der Buda-Seite auf einer Mauer am Donauufer
Im Mai 2021 erschien der österreichische Kaiser (und ehemalige König von Ungarn) Franz Joseph I. auf der Freiheitsbrücke. Die Wahl des Standorts hätte nicht passender sein können, da die Brücke früher den Namen des Habsburger Herrschers trug. Er schlug die letzte (silberne) Niete mit den Initialien F.J.I. ein, um den Bau zu vollenden.
Die Hängematte bezieht sich auf die Leute, die die Brücke 2017 u.a. zum Picknicken, für Yogasessions und auch in der Hängematte relaxend genutzt haben, als sie für den Straßenverkehr gesperrt war.
Ort: Freiheitsbrücke, auf der Mitte der Brücke auf der Seite Richtung Gellért-Berg
Da das Vereinigte Königreich nach einer langwierigen Austrittsphase endgültig aus der Europäischen Union ausgetreten ist, hat Kolodko beschlossen, dass wir alle mit seinem neuesten Werk Brexit ein wenig Trost brauchen.
Dieser Bär, der an der Wand der ehemaligen britischen Botschaft in der Harmincad-Straße angebracht ist, wird viele an den von Mr. Bean geliebten Teddy erinnern. In Zeiten der Spaltung kann er dazu beitragen, einer zerrissenen Union ein wenig Trost zu spenden.
Ort: Harmincad utca 6, an der Hauswand der ehemaligen britischen Botschaft
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Kennst du die Mini-Skulpturen von Mihály Kolodko?
Hast du auch schon einige seiner Arbeiten in Budapest entdeckt? Welche gefällt dir am besten? Schreibt sie uns doch einfach unten in das Kommentarfeld.