Was tun gegen graue Fassaden und Tristesse in einer Großstadt? Budapest – genauer gesagt der VII. Budapester Bezirk – hat mithilfe von Street Art einen Weg gefunden, das eigene Stadtbild maßgeblich zu verschönern und ambitionierten KünsterInnen aus Ungarn und der ganzen Welt eine Plattform zu bieten. Wir laden euch ein, die bunte und kreative Budapester Street Art Szene mit uns zu entdecken.
Im VII. Budapester Bezirk – Erzsébetváros – auf der Pest-Seite der Donau befinden sich nicht nur zahlreiche trendige Ruinpubs, Cafes und Läden. Die Straßen im ehemaligen jüdischen Viertel werden hier zu Galerien und hinter jeder Straßenecke könnte sich das nächste mural befinden.
Murals sind flächenmäßig meist große Wandmalerien, die oft als Auftragsarbeiten zur Verschönerung der Gebäude und der Umgebung angefertigt werden. Während viele alte Gebäude im ehemaligen jüdischen Viertel in Budapest in stylishe Ruinpubs umfunktioniert oder renoviert wurden, wurden viele auch abgerissen. Dies hinterlies an vielen Ecken freie Flächen, die sich in Parkplätzen oder Outdoor-Garten-Bars wie Köleves Kert verwandelten. Die teils so entstandenen Feuerwände wurden in Budapest zu einem der beliebtesten Orte zur Erstellung von murals.
Viele der murals in Budapest werden und wurden von einer lokalen Streetart-Gruppe gemalt, die sich Neopaint nennt. Des Weiteren hat sich das Projekt Colourful City seit 2008 zur Aufgabe gemacht, öffentliche Plätze in Budapest mit Farbe zu verschönern und das auf komplett legaler Basis. Viele Ecken in der Hauptstadt Ungarns sind grau und fade, was nicht unbedingt dazu beiträgt, dass sich die BewohnerInnen um ihren Stadtteil kümmern und ihn mit aufbauen. Außerdem möchte das Projekt zeigen, dass großflächige Werbung nicht der einzige Weg sein muss, um eine Stadt bunter zu machen. Im Gegensatz zu den zahlreichen illegalen Graffiti in Budapest bot dieses Projekt zu seiner Anfangszeit einen völlig neuen Gedankenanstoß zur Stadtentwicklung – und das mit Erfolg. Zahlreiche Jahre nach der Initiierung des Projektes strahlen insbesondere in den Gassen des VII. Bezirks riesige murals auf den Feuerwänden von ungarischen und internationalen KünstlerInnen. Auf der Homepage des Projektes findet man eine Sammlung der bisherigen künstlerischen Arbeiten in Budapest.
Bereits zum dritten Mal (Stand 2016) organisieren sie zudem das Színes város (Colourful City) Festival. In diesem einmonatigen kulturellen Event werden zahlreiche murals von ungarischen und internationalen KünstlerInnen geschaffen und bereits verblasste Arbeiten wieder auf Vordermann gebracht. Einen Einblick in das Colourful City Festival von 2016 findet ihr hier.
Nichts geht aber darüber, selbst durch die Gassen von Budapest zu schlendern und noch viel mehr murals zu finden. Schreibt doch einfach unten in das Kommentarfeld, welche der folgenden murals euch am besten gefallen und ob ihr noch weitere tolle gefunden habt in Budapest.
Künstler: Zsolt Fekete, Gábor Melka
Standort: Károly krt, Vàroshàza Park
Dieses mural baut auf dem "Farbige Stadt"-Konzept (1983) von Victor Vasarely auf, welches fordert, dass Kunst nicht nur in Galerien sondern auch in Straßen und öffentlichen Plätzen zu finden sein soll. Dieses mural wurde in 11 Tagen fertig gestellt.
Titel: Rubik' Cube
Standort: Rumbach Sebestyén utca 5
Dieses mural wurde anlässlich des 40. Jahrestages der Erfindung des Zuberwürfels durch E. Rubik erschaffen. Von Nahem sieht man, dass das Bild aus vielen kleinen Kreisen besteht, die sich aus der Ferne zu einem 250 m² großen Zauberwürfel zusammenfügen. E. Rubik unterstützte das Kunstprojekt und wurde mit einem Zitat auf der linken Seite vereweigt, welches sagt: "Es gibt immer eine Lösung - und nicht nur eine."
Titel: Sissy
Standort: Rumbach Sebestyén utca 11-13
Ungarn zeigt auf vielfältige Weise (Benennung von Stadtteilen, Straßen oder Brücken) dass Elisabeth, Frau von Franz Joseph I., seine Lieblingskönigin war. Gegenüber der Synagoge auf der Rumbach Sebestyén Straße befindet sich ein mural mit der Überschrift Erzsébetváros (Elizabeth-Stadt) im Stil des 19. Jahrhunderts. Über dem Portrait der Königin stehen Namen der Hauptstraßen dieses Stadtbezirks (auch Erzsébetváros genannt). Die gesamte Dekoration und Renovierung dieser Feuerwand dauerte zwei Wochen.
Titel: Das Spiel des Jahrhunderts - 6:3 (Az Évszázad Mérközése – 6:3)
Künstler: Neopaint
Standort: Rumbach Sebestyén utca 6-10
Größe: fast 1000 m² (damit das größte mural Ungarns)
Dieses riesige mural bezieht sich auf ein legendäres Fußballspiel, in dem Hungern 1953 England im Londoner Wembley Stadion 6:3 geschlagen hat. Der Guide unserer Street Art-Tour meinte, dass die überwiegend älteren BürgerInnen nicht sehr erpicht auf ein neues mural waren. Mit der Thematik des Fußballspiels – welches nach eigenen Worten alle Ungarn kennen und lieben – konnte man aber eine Lösung finden. Auf dem mural wurde der Moment vor kurz vor einem Tor, ein Eintrittsticket, ein Fußball sowie die Népsport-Titelseite des Spiels aufgenommen. Gyula Grosics and Jenö Buzánszky (Mitglieder des "Goldenen Teams" (Aranycsapat) sind ebenso auf dem mural zu sehen und haben das mural auch persönlich betrachtet. Die murals Sissy und Rubik's Cube sind auf derselben Straße zu finden.
Titel: Budapest ist nicht so klein (Budapest nem ekkora)
Künstler: Richárd Orosz
Standort: Kazinczy utca 45
Größe: 245 m²
Der Schriftzug auf dem mural sagt: Budapest ist nicht so klein. Dies ist eine konkrete Botschaft an alle Touristen, die oft ihre gesamte Zeit lediglich im Partyviertel des VII. Bezirks oder im Stadtzentrum verbringen. Das mural zeigt, dass Budapest aus so vielen Vierteln besteht, die einen Besuch wert sind. Die Wolken um die Budapestkarte herum tragen die Namen der verschiedenen Viertel.
Titel: Cloudy Playground (Tájkép)
Künstler: Neopaint
Standort: Straßenecke Kazinczy utca und Király utca
Nachdem man über zwei Jahre auf eine Erlaubnis zum Beginn dieses murals gewartet hat, erstellte Neopaint diese Arbeit kostenlos in sechs Tagen, um zu zeigen, wie schnell graue und alte Gebäude in etwas sehr Schönes umtransformiert werden können. Dies hat erstmals die Aufmerksamkeit der örtlichen Bevölkerung, Touristen und Medien auf die Umgestaltung und Renovierung von Feuerwänden in der Stadt gelenkt und zahlreiche vergleichbare Projekte nach sich gezogen. Das Team hat mit einem grünen Feld, blauem Himmel mit Wolken und einem Heißluftballon eine märchenartige Landschaft für die spielenden Kinder dort geschaffen. In einem späteren Projekt konnte auch die andere Seite des Spielplatzes bemalt werden. Direkt neben dem Spielplatz befindet sich an einer Feuerwand außerdem ein mural, welches eine Karte des VII. Bezirks zeigt.
Titel: Jeder hat eine Stadt (Mindenkinek van egy városa)
Künstler: Dorottya Jakócs, Tripo (Tripszánszki Dávid)
Standort: Dob utca 36-38
Größe: 207 m²
Dieses mural zeigt einen Mann und eine Frau, die den ungarischen Volksmärchen ähneln und die zwei Seiten Budapests symbolisieren (Buda und Pest). Tripo kreierte den Mann in schwarz und weiß - die Budaseite, auf die die Leute eher ziehen, wenn sie ein Haus bauen und eine Familie gründen. Dorottya gestaltete die farbige Frau mit Nasenring, Tattoo, goldener Tiara und Schulerdekoration aus Gebäuden - die modernere, kreativere und alternativere Pestseite. Die gegenseitige Offenheit zueinander wird durch die geöffneten Fenster und die zur Budaseite fliegenden Vögel ausgedrückt.
Der Titel dieser Arbeit besagt, dass jeder Mensch seine Wurzeln und seine Zugehörigkeit irgendwo hat und Teil der Stadt seiner Träume sein will, die Bürger einer Stadt selbst aber auch dessen Charakter ausmachen.
Titel: Polnisch-ungarischer Freundschaftsbaum (Barátságfa)
Künstler: Neopaint
Standort: Klauzál utca
Anlässlich des 60. Jahrestages der Gründung des polnischen Instituts in Budapest wurde dieses mural geschaffen, welches die polnisch-ungarische Freundschaft symbolisiert. Man sieht zwei unabhängige Stämme, deren Wurzeln sich berühren. Unter dem mural wurde der polnische Publizist Stanisław Gabriel Worcell von 1848 zitiert. Übersetzt heißt es etwa: "Ungarn und Polen sind zwei ewig lebende Eichen, die ihre eigenen Stämme haben, deren Wurzeln aber weit unter der Erde sind: sie sind zusammengekommen und haben sich unsichtbar verwoben. So ist die Existenz und Stärke von jedem eng an das Leben und die Gesundheit des anderen gebunden."
Titel: Poseidon (Poszeidon) - mural links
Künstler: Felix Spok Brillor (Spanien) & KORSé (Frankreich)
Standort: Nagydiófa utca 12
Die beiden Künstler verbinden in ihrem mural die Welt des antiken griechischen Gottes Poseidon (Gott des Meeres) mit modernen Figuren unserer Zeit.
Titel: Urban Style - mural rechts
Künstler: Andrey Adno (Russland)
Standort: Nagydiófa utca 12
Der russische Künstler Andrej Adno näherte sich dem Thema des Színes Város-Festivals, welches unter anderem unter dem Motto Wasser stand, in einer abstrakten Art und Weise. Das mehrschichtige Mädchen, dessen Kleider sich in der Donau spiegeln, symbolisiert die Vielfalt der BewohnerInnen Budapests. In nur drei Tagen hat Adno dieses großflächige mural gemalt.
Künstler: Akacorleone
Standort: Kazinczy 35
Wenn man die Augen aufhält, entdeckt man in Budapest neben den riesigen murals auch kleinere – aber nicht minder schöne – Street Art Projekte.
Titel: Hestia (Hesztia)
Künstler: Marton Hegedus
Standort: Dob utca 40
Dieses ca. 20 m² große Mosaik entstand 2014 im Rahmen des Színes Város (Colorful City)/Strongbow Festivals und verschönert die Außenwand eines Ruinpubs im VII. Bezirk.
Künstler: The Sheepest
Standort: Rumbach Sebestyén utca 10 (gegenüber des Design-Ladens printa)
Die Paste-Ups (ein auf Plakat aufgebrachtes Bild, welches mit Leim/Kleister auf einer Wand angebracht wird) des französischen Street Art-Künstlers „The Sheepest“ kann man mittlerweile in ganz Europa finden. In Budapest habe ich den charakteristischen Schafskopf direkt gegenüber dem Pinta Design Shop in der Rumbach Sebestyén utca 10/A entdeckt.
Das Schaf steht dabei für ein Tier, welches oftmals gedankelos der Herde folgt - ebenso wie viele Menschen in der Gesellschaft handeln. Der Künstlername "The Sheepest" ist ein Wortspiel aus "sheep" (Schaf) und dem Superlativ "cheapest" (am billigsten) - eine Anspielung auf den Konsum billiger Produkte die unser Leben oft im Übermaß prägen, aber ebenso mit der 3. Person des französischen Verbs "être" für sein (est).
Die Phrase “Je suis ceux que je suis” im Schafskopf bedeutet "Ich bin wer ich bin.". Die Parallele zwischen "suis" (sein") und "suivre" (folgen) kann aus diesem Satz aber ebenso "Ich bin, was/wem ich folge." machen und rückt hiermit wieder die Theamtik von Individuum und Kollektiv sowie (Fremd-)Bestimmtheit in den Fokus.
Wenn du dir beim Schlendern durch Budapest die Laternenmaste, Toilettentüren oder Wände in Pubs ansiehst, wirst du nicht um sie herumkommen: Sticker-Kunst. Manche von Ihnen sind direkt mit Werbung verbunden, andere verkörpern eine neuere Form von Street Art, die man schnell übersehen kann. Also Augen auf beim nächsten Spaziergang durch Budapest - Laternenmaste, Ampeln, Mülleimer, Briefkasten, jede Oberfläche kann eine potentielle Leinwand für Sticker sein. Wenn du genau hinsiehst, wirst du vielleicht Überbleibsel von Space Invaders Stickern des französischen Künstlers Invader finden. Auf Artsy kannst du auch verfolgen, wo es gerade die aktuellsten Ausstellungen zu Invader gibt.
Wenn man den Blick einmal weg von den riesigen bemalten Wandflächen hin auf den Boden richtet, fallen einem vielerorts bunt bemalte brüchige Asphaltflächen auf. Diese politische Aktion will auf die vielen baufälligen Straßen in der Stadt aufmerksam machen – und das mit viel Farbe. Solche bemalten Straßenflächen habe ich u. a. auf der Király utca gegenüber dem mural mit dem Heißluftballon sowie gegenüber des Eingangs zum Széchenyi-Heilbad auf dem Állatkerti krt. gefunden.
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